Mittwoch, 30. Januar 2013

[Rezension] Im Herzen der Nacht von Sherrilyn Kenyon

Im Herzen der Nacht
von Sherrilyn Kenyon
eBook

Meine Zusammenfassung
Seit 1500 Jahren ist Talon nun schon ein Dark Hunter, ein nächtlicher Jäger, der Daimons findet und bekämpft bevor diese den Menschen gefährlich werden und deren Seelen stehlen können. 
Bei dem Versuch die junge Frau Sunshine vor einigen davon zu retten, verliert er dass erste Mal seit Jahrhunderten die Kontrolle und wird dabei von einem Festwagen angefahren. Während der Wagen Fahrerflucht begeht, nimmt Sunshine ihn mit zu sich und versorgt ihn. 
Durch das Sonnenlicht an ihre Wohnung gefesselt lernt er die vergessliche, bio-fanatische Künstlerin besser kennen. Er weiß dass sie in Gefahr ist und möchte sie schützen, doch mit seiner wachsenden Zuneigung zu ihr, setzt er sie der größten Gefahr selber aus. Denn auf Talon lastet ein Fluch der jeden tötet der ihm etwas bedeutet...

Meine Bewertung
Die ersten Kapitel dieses Buches sind unwahrscheinlich witzig. Allein Sunshine mit ihrer Vergesslichkeit und Offenheit haben mich Tränen lachen lassen. Dazu noch ihre -sehr unterschiedlichen- Ernährungsgewohnheiten und ihr eigenwilliges Heim... 
Der Humor sorgt für einen entspannten Einstieg in die Geschichte und außerdem dafür, dass man schnell das Buch nicht mehr aus der Hand legen mag.
Später ebbte der Humor deutlich ab und machte der eigentlichen Geschichte sowie etwas ernsteren Themen, Erklärungen und Abschnitten platz, in denen sich die Nebencharaktere mal etwas ausführlicher zeigen durften.
Ich habe sowohl die humorvolle als auch die ernste Seite des Buches sehr genossen. Zu der späteren geschichtlichen Entwicklung hätte der Humor nicht mehr gepasst, weswegen ich ihm während des Lesens auch nicht groß nachgetrauert habe. 

Dieses Mal traten eine ganze Menge mehr Charaktere auf als sonst. Sowohl Alte, die man bisher eher selten sah als auch Neue - und bekamen ihren Platz in der Geschichte. Man musste schon etwas seinen Grips anstrengen um die Zusammenhänge zu sehen. Auch wenn man dass Wichtigste - wie üblich - zwar auch im Standby-Modus kapierte, war die Geschichte doch um einiges schöner und der Lesefluss angenehmer, wenn man die Rollen und Verbindungen der Charaktere im Kopf behielt. 

Natürlich sehe ich ein, dass bei manchen Geschichten ein bisschen Vorarbeit geleistet werden muss und dass man dies - damit es nicht zu langweilig ist - möglichst nebenbei bei vorherigen Geschichten tut. Wahrscheinlich ist gerade dies einer der großen Vorteile beim schreiben einer ganzen Reihe die in der selben Welt spielt und deren Charaktere in Verbindung sind. Dennoch finde ich, dass diesmal etwas zuviel von den Nebencharakteren zu sehen war. Es war oft gut verbaut und mit Informationen zur aktuellen Geschichte vermischt und dennoch... In einem Buch der Hauptgeschichte - mit so vielen neuen Charakteren - zu folgen und außerdem die neuen Informationen zu Zarek (Buch 4), Vane und Archeron (wenn ich mich nicht irre Buch 6 und 15) zu behalten, war schon schwierig.

Hingegen fand ich die Protagonisten übrigens echt gelungen. Sie bildeten einen sehr lustigen Ying-und-Yang-Effekt und die Tatsache (...ich würde ja sagen: Achtung Spoiler, aber man erfährt es so früh in der Geschichte...) dass Sunshine mit der Seele von Talons früherer Ehefrau wiedergeboren wurde, sorgt sowohl für interessante Rückblenden als auch für starke Zweifel.



Kleiner Zusatz...
Zarek
Er lebte 900 Jahre allein an einem eisig-kalten Ort und konnte seine Hütte wegen der langen Tage nahezu nie verlassen, er war ein Sklave, er kann mit Gefühlen nichts anfangen, er ist ein Psychopath bzw Soziopath, er wird von allen gehasst, gemieden, gefürchtet.
Vane
Er ist ein Wolf, er kann sich im Tageslicht bewegen und auch verwandeln.
(Einige Bücher der Reihe werden bei Wikipedia nicht mehr unter Dark-Hunter sondern unter Wandler-oder so beführt. Dennoch setzen sie sich gegenseitig weiter fort) 
Archeron
Er hatte mal eine Beziehung zu Artemis, bis diese ihn im Stich ließ als er sie brauchte. Er kann sich dematierialisieren, er hat einen Drachen auf seinem Körper der sich bewegt, er hat einen Bruder der ihn hasst, er ist der letzte noch lebende Atlanter, alle paar Jahrhunderte wäre es mit seinem Blut/seinem Tod möglich eine alte Gottheit zu befreien die aber die Welt zerstören würde, er wird von Artemis oft gezwungen zu ihr zu kommen, sonst gibt sie die Seelen der Dark Hunter nicht heraus wenn sie gebraucht werden um ihnen ewige Qualen in einem Zwischenreich zu ersparen.

Dienstag, 29. Januar 2013

[Rezension] Nächtliche Versuchung von Sherrilyn Kenyon

Nächtliche Versuchung
von Sherrilyn Kenyon
eBook 

Meine Zusammenfassung
Nachdem Kyrians bester Freund Julian plötzlich verschwand, kämpfte Kyrian wie ein besessener weiter, bis er eines Tages Opfer eines schrecklichen Verrates wurde. Von dem Wunsch sich zu rächen getrieben, tauschte er seine Seele gegen den Job eines Dark-Hunter und zweitausend Jahre lang war er das auch: Ein unsterblicher Jäger, der nachts mit vampirähnlichen Kräften ausgestattet, jagt auf die bösen Jungs -die Menschen ihre Seelen stehlen- macht. Als er eines Tages an eine Frau namens Amanda gekettet aufwacht, versucht er alles um einen gewissen Abstand zu ihr zu halten. Doch ihr droht Gefahr und so bleibt ihm nichts anderes übrig, als sie in seiner Nähe zu behalten. Gegen seinen Willen beginnen sich Gefühle in ihm zu regen und auch ein gewisses Vertrauen baut er zu ihr auf, doch er weiß, für eine unsterbliche Kreatur der Nacht und eine gewöhnliche Menschenfrau kann es keine gemeinsame Zukunft geben...

Meine Bewertung
In gewisser Art hat mich dieses Buch an Shades of Gray erinnert. Wenn man an Shades of Gray denkt, denkt man vermutlich zuerst an eher unorthodoxen Sex. Doch das meine ich nicht. Auch nicht die tiefe Bindung die die Protagonisten zueinander entwickeln. Dies ist zwar unglaublich schön zu lesen, doch es ist im Prinzip etwas was alle guten romantischen Bücher -wenn die Autoren ihr Handwerk verstehen- miteinander verbindet. 
Nein, was ich meine ist schlicht die verletzte Seele, die psychische Störung und die damit einhergehende natürliche Vorsicht vor innigeren Bindungen und Vertrauen. Sherrilyn Kenyon versteht es nicht nur sich da hineinzufühlen, sondern auch es den Lesern verständlich zu machen.

Außerdem fand ich die Charaktere - besonders den weiblichen Part - diesmal um einiges keine Ahnung... echter? Nein, echt war Grace auch... Aber aktiver war sie. Sie trat mehr hervor.
Außerdem war toll, dass die Protagonisten des vorigen Bandes als Nebencharaktere wieder auftraten. Es wäre schade gewesen, wenn sie einfach so in Vergessenheit geraten wären.

Ich fand es sehr angenehm, dass zwar gesagt wurde, dass die Welt der Dark Hunter noch viel komplexer ist, aber für das Buch nur die relevanten Teile erklärt wurden. Diese Verteilung - und nicht Stappelung - der Erklärungen war viel besser als ein einmaliges ausführliches erklären, an dessen Ende man nur die Hälfte verstand und viel vom Rest bis zum Ende vergisst



Kleiner Zusatz...
Da einige Personen in den Geschichten auch später wieder auftreten und viele dann auch irgendwann Protagonisten werden, finde ich es wichtig hier ein paar Details festzuhalten...

Acheron oder Ash ist sozusagen der Chef der Dark-Hunter. Er ist elftausend Jahre alt. Er kann seine Haarfarbe verändern. Er hat das Dark-Hunter-Symbol -als einziger?- auf der Hüfte. Er war der erste Dark Hunter, weswegen er, anscheinend ein unbeabsichtigter Nebeneffekt, besondere Fähigkeiten -und Nachteile?- hat. Er bringt schmerzhafte Opfer für die Befreiung der anderen Dark Hunter von denen diese nichts wissen. Er scheint eine besondere Beziehung zu (wie schreibt man die...) Aphrodite zu haben.

Freitag, 25. Januar 2013

[Schreibwettbewerb] Gewinner Georg Sandhoff mit Elevation zero - Absturz über fernen Welten

Vorwort
Obwohl ich zu Beginn etwas enttäuscht war über die wenigen Teilnehmer, bin ich jetzt sehr froh darüber. 
Es war sehr schön so tolle Geschichten zu lesen und eine Qual mich für eine zu entscheiden. Dies habe ich nun aber getan und hier ist sie...
PS: An den Gewinner. Bitte einfach das gewünschte Buch per Mail oder Kommentar + deine Adresse schicken. Ach ja, evtl Absatzfehler sind meine Schuld. Ich konnte die Datei nicht richtig öffnen.
PS2: Wenn ich die anderen Geschichten verlinken soll, schickt mir einfach den Link per Mail oder hier als Kommentar. 



Elevation zero – Absturz über fernen Welten
Der Weltraum war ein schwarzes Tuch, auf das eine unsichtbare Hand zahllose Diamanten gestreut hatte. Einer dieser winzigen Punkte im unendlichen Gewebe von Raum und Zeit wurde von einem weiteren, amethystfarbenen Punkt umkreist, zu klein, um mit dem bloßen Auge wahrgenommen zu werden. So wäre es auch nicht verwunderlich gewesen, wenn ein weit entfernter Beobachter die bläulich-violette Leuchterscheinung im Schatten des Planeten nicht bemerkt hätte. Es war das Aufleuchten eines Hyperraumfeldes – der Punkt, an dem überlichtschnelle Teilchen in unser Universum eindrangen und ihre überschüssige Energie als Licht aussandten. Dann war das Leuchten verschwunden. An seiner Stelle schwebte ein Raumschiff im Orbit des Planeten. Es war ein alter Gormok TK-65-Frachter uccanischer Bauart, der nun von der Schwerkraft des Planeten erfasst wurde und langsam auf seine Oberfläche zutrieb. Im Inneren des Schiffes wurde zur selben Zeit hektisch gearbeitet.


»Ich kann die Triebwerke nicht zünden!«, Nandhar Kamazin bearbeitete hektisch die Kontaktfelder der Steuerkonsole, »Die Piraten haben uns wohl schwerer erwischt, als ich gedacht hatte.«



Ekim arbeitete an der Konsole des Bordcomputers. Der Akkadji war ruhig und gelassen wie immer. Auch die gefährliche Situation, in der sie sich befanden, schien ihn nicht aus der Ruhe bringen zu können.



»Der elektromagnetische Impuls der Plasmageschosse hat die Steuerelektronik zum Absturz gebracht. Ich arbeite daran!«, er ließ einen weiteren Checkup durch den Computer laufen.



Dieser meldete sich zu Wort, modulationslos, mit weiblichem Klang, »Anflugwinkel inkorrekt. Gefahr eines Hüllenbruchs. Von Eintritt in die Atmosphäre wird abgeraten. Anflugwinkel korrigieren.«



»Danke! – Als ob wir das nicht schon vorher gewusst hätten...«, sagte Ryder Hook, »Gefolgt ist uns von den Scheißpiraten keiner. Aber der Schutzschirm ist wrack. Raketen haben wir auch keine mehr. Die Geschütze steuerbord und achtern sind heißgelaufen. Wenn jetzt einer kommt, sind wir am Arsch!«



Ekim grinste schief, während er weiter an der Computerkonsole arbeitete, »Das werden wir so und so sein, wenn ich die Triebwerke nicht wieder starten kann.« Er gab dem Computer ein paar weitere Befehle, runzelte die Stirn, beugte sich noch weiter über das Eingabefeld, tippte auf die verschiedenen Symbole des Touchscreens ein. Dann richtete er sich wieder auf, machte mit Daumen und Zeigefinger seiner rechten Hand einen Kreis und schlug mit der flachen Linken darauf, »Ich hab´s!« Wäre er nicht angeschnallt gewesen, hätte er vor Freude einen Luftsprung gemacht.



Die Stimme des Computers verkündete, »Steuerdüsen sind online. Systemfehler in Haupttriebwerkselektronik. Wartung erforderlich. Steuern sie ein autorisiertes Wartungsdock an.«



Ryder Hook trat heftig gegen die Konsole des Waffenkontrollstandes, »Scheißcomputer! Wo sollen wir hier ein Raumdock finden!«



»Leute, beruhigt euch! Alles wird gut. Ich kann uns auf einen Landekurs bringen, aber das wird hart. Haltet euch schon mal fest!«, Nandhar lenkte das Schiff auf einen Kurs, der es in einem flachen Winkel durch die Atmosphäre des Planeten stürzen lassen würde. Beim Eintritt in die Atmosphäre würde es durch die Luftreibung stark abgebremst werden und schließlich in einer langen Parabelbahn auf die Oberfläche des Planeten zufallen. Waren sie erst einmal auf dem Planeten, konnten sie sich um die Schäden am Schiff kümmern, soweit sich diese mit Bordmitteln beheben ließen. Das katzenhafte Gesicht des Kathaners wirkte angespannt, als er kurz vor dem Eintritt in die Atmosphäre die Nase des Schiffes nach oben zog, um die flache Unterseite des Frachters dem Planeten zuzuwenden.



Erste rötliche Glutschlieren zogen an den aus Duranit gefertigten Cockpitfenstern vorbei und steigerten sich zu einem Vorhang aus orangeroter Glut, je weiter das Schiff in die Atmosphäre des Planeten vordrang. Es bebte, rüttelte und schüttelte sich wie ein wildes Tier, die Verbindungen und Streben in seinem Innersten ächsten und stöhnten, als ob es seinen Schmerz herausschreien wollte.



Der Computer gab emotionslos die Schiffsparameter durch, »Hüllentemperatur bei tausendsechshundert Grad Celsius, strukturelle Belastung bei vierzig Prozent ... Hüllentemperatur bei zweitausend Grad Celsius, strukturelle Belastung bei sechzig Prozent ... Hüllentemperatur bei zweitausenddreihundert Grad Celsius, strukturelle Belastung bei achtzig Prozent. Warnung: Belastung der Schiffssysteme kritisch! Hüllenbruch steht bevor.«



Dann hatte das Schiff wieder die obere Atmosphäre erreicht und zog in neunzig Kilometern Höhe in einer langgestreckten Bahn über den Himmel.



»Hüllentemperatur bei tausendachthundert Grad Celsius, strukturelle Belastung bei fünfzig Prozent. Geschwindigkeit über Grund: zwei Kilometer pro Sekunde, fallend.«



Der Raumfrachter sank weiter in die Atmosphäre hinab, mehr schlecht als recht von den Antigravprojektoren getragen. Immer wieder sackte die rechte Seite des Schiffes durch, so dass es beinahe ins Trudeln geriet.



»Ich kann das Schiff mit den Steuerdüsen stabilisieren, aber wir werden viel zu schnell runterkommen.«, sagte Nandhar, »Seht ihr denn See dort hinten?«, er nickte in Richtung des Cockpitfensters, »Mit etwas Glück kann ich uns auf der Wasseroberfläche aufsetzen lassen. In etwa so, als ob man einen flachen Stein über das Wasser springen lässt.«



»Und das soll funktionieren? Na dann herzlichen Glückwunsch!«



Nandhar legte den Raumfrachter in eine weite Kurve und kämpfte gegen das Rütteln der Maschine an, die nur etappenweise auf seine Steueranweisungen reagierte. Das Ding fliegt sich wie ein Backstein. Verdammt! Warum mussten wir uns auf ein's von Hooks Dingern einlassen. Idiot! Idiot! Idiot! Langsam kam die Oberfläche näher und er konnte eine Landschaft erkennen, die den Landschaften seines Heimatplaneten auf den ersten Blick verblüffend ähnlich sahen. Seltsam, wie sehr sich doch die Welten im Universum ähneln, schoss dem Kathaner durch den Kopf. Nun flog das Schiff entlang des Sees, setzte in einem flachen Winkel auf das Wasser auf, glitt in einer gischtenden Welle auf das Ufer zu, um sich dann mit dem Bug voran in den Boden des Strandes zu graben. Bevor ihm die Sinne schwanden, sah Nandhar, wie die Displays des Schiffes noch einmal aufflackerten und dann erloschen.
  

Als er wieder erwachte, lag er auf dem Boden des Cockpits. Sein Nacken schmerzte und er hatte das Gefühl sich übergeben zu müssen. Rotes, gedämpftes Licht erleuchtete den Raum. Die Notbeleuchtung! Er versuchte aufzustehen, ließ es aber bleiben, als er merkte, dass ihm schwindelig wurde, wenn er den Kopf auch nur leicht anhob. Also versuchte er es gar nicht erst weiter. Ruhig bleiben! Du liegst hier, dir ist kotzübel, aber du lebst. Und das ist, was zählt! Er atmete tief durch, schloss die Augen, blinzelte mehrmals und versuchte sich auf seinen Körper zu konzentrieren. Nandhar hörte Schritte, die auf ihn zukamen und sah schon bald in das Gesicht Ekims, der sich über ihn beugte.



»Schön, dass du wieder da bist.«, sagte Ekim. »Im Schiff scheint soweit alles in Ordnung zu sein. In der Kombüse sind ein paar Küchengeräte zu Bruch gegangen, aber sonst ist alles OK. Nur die Elektrik funktioniert nicht.«, Ekim deutete auf die Notbeleuchtung, die das Cockpit in rotes Licht tauchte. Sämtliche Displays und Sensorfelder waren schwarz.



»Und, alles klar mit dir?«, fragte der Akkadji und bot ihm die Hand, »Du bist ordentlich mit dem Kopf an die Konsole geschlagen.«



»Ja ja, es geht schon. Schwindlig ist mir ... Weißt du, was die Menschen sagen? – Katzen haben neun Leben. Anscheinend stimmt das auch für Kathani. Apropos Mensch, wo ist Ryder?«



»Irgendwo im Schiff. Er sucht nach Werkzeugen und anderen brauchbaren Dingen.«



Nandhar schloss die Augen. Er erinnerte sich daran, wie alles begonnen hatte. Der Anruf war überraschend und wie so oft unpassend gekommen: »Hi, hier ist Ryder! Hast du einen Moment Zeit?«. Nandhar hatte bedauernd auf die Schale Adeel-Nagh geschaut, die er sich aus seinem Kühlschrank geholt hatte und sie wieder zurückgestellt. »Ja, habe ich. Worum geht´s denn?«



»Ich habe da einen Auftrag an Land gezogen. Was, wo man schnell was nebenher verdienen kann.«



»Und das wäre?«, Nandhar spürte, wie die Nervosität in ihn zu steigen begann, Hooks Ideen endeten meistens darin, dass alle, die darin verwickelt waren, Schwierigkeiten der einen oder anderen Art bekamen.



»Ich soll ein Raumschiff von hier nach Thagata Secundus bringen. Ist ne ganz einfache Sache. Ein kleiner Frachter, der von einer Bergbaufirma im Astereoidengürtel verkauft worden ist. Jetzt sucht der Käufer jemanden, der das Schiff überführt.«



»Okeeey ... Und es gibt keinen Haken?«



»Nö. Ich habe die Papiere überprüfen lassen. Ist alles in Ordnung.«



Schließlich hatte sich Nandhar doch überreden lassen, sich den Frachter einmal anzuschauen. Das Schiff war alt, aber noch in einem brauchbaren Zustand gewesen, d. h. es würde die in der Föderation obligatorischen Überprüfungen noch gerade so überstehen. Gut genug also, um irgendwo am Rande des bekannten Weltraums von Planet zu Planet zu fliegen.



Dann waren sie geflogen. Nach dem fünften oder sechsten Hyperraumsprung waren sie den Piraten begegnet und nur mit knapper Not durch einen Rettungssprung entkommen. Und jetzt saßen sie auf irgendeinem Planeten fest, ohne zu wissen, wohin sie der Sprung verschlagen hatte. Ich hätte es besser wissen müssen.



Nandhar öffnete die Augen wieder. Er griff die Hand seines Freundes, kämpfte gegen den Schwindel und die Übelkeit an, zog sich hoch und stand.



»Hier, nimm den Scanner!«, Ekim drückte Nandhar ein kleines, gelbes Gerät in die Hand, an dessen Seite eine kurze, schwarze Antenne hervorragte. »Wir sollten in Verbindung bleiben können.«



Sie begannen, das Schiff zu untersuchen. Überall waren Paneele heruntergefallen und Fächer, deren Inhalt sich über den Boden der Kajüten verteilt hatte, aus ihren Verankerungen gerissen. In manchen Gängen hingen die Kabelbäume von den Decken.



»Hallo, hier ist Ryder. Kommt in den Laderaum achtern. Wir haben ein Problem!«



Nandhar und Ekim sahen sich an. Dann liefen sie los. Wenig später waren sie im hinteren Laderaum des Schiffes angelangt. Ryder stand über ein etwa menschengroßes Behältnis gebeugt, das offenbar hinter einem Wandpaneel verborgen gewesen war. Ekim und Nandhar traten neben Ryder. Der Kathaner zeigte auf den Behälter.



»Was ist das?«, fragte Nandhar.



»Eine Transportkapsel für Roboter. Wenn die Kodierung stimmt, war da ein Guerilla-Kampfbot drin.«



»Ein Guerilla-Bot?«



»Das ist ja großartig! Und wo ist er?«



»Ich habe keine Ahnung!«



»Wir müssen vorsichtig sein. Guerilla-Bots sind darauf programmiert, sich zu verbergen, um in einem unerwarteten Moment zuzuschlagen.«



Nandhar bleckte gereizt die Zähne, »Ich habe es geahnt! Schon als ich diesen Ughdan Tarkis zum ersten Mal gesehen hab, wusste ich, dass man ihm nicht trauen kann!«, er trat wütend vor den Transportbehälter, »Miese Ratte!«



Er erinnerte sich an sein erstes und einziges Gespräch mit Ughdan Tarkis, dem Betreiber der Asteroiden-Mine, einem vierschrötigen Ucca, dessen grau werdendes Fell von Narben durchzogen war, die er sich – vermutlich – bei der Arbeit auf den Asteroiden geholt hatte und die es räudig aussehen ließen.



»Ihre bringte meine Ziffe zu die Planete Thagata Secunduus, eh? Aahh, isse eine gute Ziffe, machte keine Probleme, weißtu? Ist das Ziffe angekome, ihr kriegte das Geld von mir.«, hatte er gesagt.



Schon damals hatte ihn Ughdan an eine Ratte erinnert. Normalerweise wurden Ucca eher als mausähnlich beschrieben, aber Ughdan hatte etwas an sich gehabt, dass Nandhar sofort an einen Kloakenbewohner hatte denken lassen.



»Die Piraten waren bestimmt von Ughdan engagiert. Versicherungsbetrug! Und falls der Überfall nicht reichen sollte, sollte der Roboter den Rest erledigen.«, Ekim kratzte sich am Kopf, »Verdammter Scheißdreck!«


Ryder war aufgestanden, »Kommt mit, ich habe noch ein paar Waffen in meinem Arsenal.«



Bald darauf waren sie bewaffnet und patroullierten durch das Schiff. Nirgendwo war eine Spur der Maschine zu finden, bis sie an eine der Außenschleusen kamen.



»Der Beschissene Roboter ist nach draußen. Warum?«



»Weil er so mehr Möglichkeiten hat, sich zu verbergen.«
»Und weil er weiß, dass wir bald rausmüssen, um die Schiffshülle zu untersuchen.«
»Lasst uns zuerst das Schiffsinnere in Ordnung bringen, so weit es geht.«
  

Am nächsten Tag hatten sie das Schiff weit genug repariert, um die Energieversorgung des Computers und der Lebenserhaltungssysteme wieder zum Laufen zu bringen. Jeder von ihnen hatte kaum geschlafen – zu groß war ihre Angst gewesen, der Roboter könnte sich Zutritt zum Raumschiff verschaffen.



Nun standen die drei in der Luftschleuse, Ryder und Nandhar hatten die Waffen im Anschlag, während Ekim einen mit allerlei Abfall ausgestopften Raumanzug vor sich her schob. Er drückte auf den Schalter, der die äußere Schleusentür öffnete und bugsierte vorsichtig den Raumanzug durch die Öffnung. Kaum hatte die improvisierte Puppe den Kopf durch die Luke gesteckt, da explodierte das Glas des Helms in tausende kleiner Splitter, die auf die in der Schleuse Wartenden herabregneten.



»Verdammt! Das Ding benutzt eine Railgun!«, sagte Ryder Hook,



»Der Schuss kam vom Waldrand.«



»Einer von uns sollte in den oberen Geschützturm und den Wald unter Beschuss nehmen. Die anderen schleichen sich durch die Heckschleuse und das Wasser nach draußen.«



»OK. Ich übernehme das Geschütz. Geht ihr nach draußen.«, Ekim drückte beiden die Hand. Kurz danach nahmen die Railguns des Geschützturmes den Waldrand unter Feuer. Die Geschosse flogen mit vielfacher Schallgeschwindigkeit durch die Luft und zogen Spuren ionisierten Gases hinter sich her, so dass die Szenerie fast wie in einem dieser altertümlichen Science Fiction-Filme aus dem zwanzigsten Jahrhundert der Erde aussah.



Zur selben Zeit öffnete sich am Heck des Schiffes eine weitere Luke. Zwei Gestalten schlüpften leise und vorsichtig in das Wasser des Sees. In der Zeit, in der Nandhar und Ryder sich entlang einiger Felsen und Büsche auf den Wald zu bewegten, wurden die Bäume an dessen Rand durch das Feuer der Bordkanone in winzige Splitter zerlegt. Ganze Baumwipfel brachen ab und stürzten krachend zu Boden. Das Spektakel würde der Roboter hoffentlich solange ablenken, dass sie eine Chance hätten, die Maschine aufzuhalten.



Ryder konnte den Roboter von seiner Position aus sehen, eine humanoide, in Tarnfarben gehüllte Gestalt, die anstelle des rechten Unterarms eine klobig aussehende Waffe montiert hatte, und sich langsam in ihre Richtung bewegte, ohne ihn oder Nandhar bemerkt zu haben. Er gab dem Kathaner ein Zeichen, dass er stillhalten sollte. Dann deutete er auf eine Gruppe von Felsen, die nur wenige Schritte entfernt lagen. Hook machte eine Geste, dass Nandhar zu den Felsen hinüberrennen sollte.



Nandhar nickte. Dann sprang er auf. Noch bevor er wieder auf dem Boden gelandet war, begann er zu schießen. Die Kugeln aus seiner Waffe schwirrten um den Roboter herum. Einige streiften das Chassis der Maschine, prallten aber wirkungslos von ihm ab. Dennoch lenkten die Treffer aus seiner ungezielten Salve die Maschine lange genug ab, dass er sich hinter die Felsen retten konnte.



Du springst, rennst schießend an dem Roboter vorbei, siehst die Kugeln, die funkenstiebend von ihm abprallen, siehst, wie der Arm der Maschine sich hebt. Dann bist du hinter den Felsen verschwunden und rollst dich ab. Ein Blitz! Steinsplitter regnen auf dich herab. Du hörst die klackenden Schritte der Maschine auf dich zukommen. Sie steht vor dir. Du blickst in ein einzelnes, rotglimmendes Linsenauge, das von kleineren Nebenaugen umgeben ist. Der Roboter hebt seine Waffe.

Ryder sah, wie die Schüsse aus Nandhars Waffe wirkungslos abprallten, beobachtete, wie sein Freund gerade noch rechtzeitig hinter dem Felsen verschwand, um dem Schuss aus der Railgun des Roboters zu entgehen, der einen tiefen Krater in da Gestein riss. Hook zielte. Die Maschine hob ihren Arm zu einem zweiten Schuss, der den Kathaner töten würde. Dann zerplatzte der Kopf des Roboters in eine Wolke aus elektronischen Bauteilen. Ryder Hook hatte geschossen.



Du blickst in den Lauf der Railgun. Erwartest den Schuss, der nicht kommt. Stattdessen prasseln Plastikteile, Kabel und Elektroschrott auf dich herab. Der Torso der Maschine zuckt ein paar Mal unkoordiniert, dann bricht er zusammen. Du machst einen Sprung zur Seite und schaust auf die Überreste des Roboters hinab. Deine Ohren zucken vor Aufregung und du spürst, wie sich dein gesamtes Körperfell vom Kopf bis zur Schwanzspitze sträubt. Fauchend trittst du gegen das regungslose Chassis.



Hook trat neben Nandhar, der fauchend auf den auf den reglosen Körper des Roboters eintrat.



»Eine KOBI-TO-520 Infiltratordrohne. Ein ziemlich altes Modell. Hätte Tarkis etwas neueres auf Lager gehabt, wären wir ohne Chance gewesen.«



Nandhar sagte nichts, sah Hook fassungslos an. Dann schüttelte er sich und ging mit gesenktem Kopf zum Schiff.


Drei Wochen später hatten die drei Raumfahrer das Schiff wieder instandgesetzt, soweit es ihnen möglich gewesen war. An mehreren Stellen war die Außenhaut des Frachters notdürftig mit Teilen aus dem Schiffsinnern geflickt. Tage hatte es gekostet, das Schiff aus dem Ufersand auszugraben, Kabel neu zu verbinden und geborstene Schotts zu verschweißen.
Nun war es soweit: Nandhar, Ryder und Ekim saßen auf ihren Plätzen und gingen die Startprozedur durch. Die Antigrav-Projektoren waren eingeschaltet und schirmten das Schiff vor der Schwerkraft des Planeten ab. Vorsichtig schob Nandhar den Schubregler nach vorne und ließ das Schiff von den Triebwerksstrahlen der Steuerdüsen getrieben über die Baumwipfel steigen. Als das Schiff eine ausreichende Höhe erreicht hatte, zündete Nandhar die Haupttriebwerke. Der alte Frachter nahm zitternd und bebend Fahrt auf, um dann auf zwei Flammenstrahlen, die länger waren als das Schiff selbst, gen Himmel zu reiten.

Nandhar ignorierte die zahlreichen, von einer Kakophonie aus Piep-, Pfeif-, und Schnarrgeräuschen begleiteten Warnmeldungen, die sein Display aufleuchten und flackern ließen wie das Aushängeschild einer billigen Raumfahrerkneipe. Immer wieder fielen die Steuerdüsen und Antigrav-Projektoren auf der Steuerbordseite aus, so dass das Schiff für Sekundenbruchteile zur Seite hin wegsackte, bevor sie ihre Arbeit wieder aufnahmen und die Maschine wieder abfingen. Dann hatten sie den Weltraum erreicht. Der Kathaner beschleunigte das Schiff weiter, bis der alte Raumfrachter die für einen Hyperraumsprung notwendige Sprunggeschwindigkeit erreichte. Kurz darauf war er in einem grellen Lichtblitz verschwunden.
Als der Frachter aus dem Hyperraum fiel, wurde das Schiff von einer heftigen Erschütterung durchgerüttelt. Für einen Moment fielen die Lichter im Cockpit aus. Warnsignale ertönten.
»Warnung! Hüllenbruch in Steuerbordsektor fünf. Sekundäres Hilfstriebwerk ausgefallen. Interne Struktur beschädigt.«
Nandhar setzte einen Notruf ab, »Mayday, Mayday. Hier ist die ISS 'Pearl of Trukkath', Kennung 4A-507368-SOL. Schiff ist schwer beschädigt und steuerlos. Erbitten Hilfe!«
Eine zeitlang war nur das statische Rauschen des Weltraums zu hören. Dann erklang eine Männerstimme aus den Lautsprechern.
»Hier ist Commander Jameson vom Lave-Außenposten. Wir haben ihren Notruf empfangen. Hilfe ist unterwegs.«
Nandar lehnte sich zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. Er würde seine Chance bekommen, sich Tarkis noch einmal vorzunehmen, und freute sich darauf.


-- ENDE --