Freitag, 5. September 2014

[Rezension] Das Lied des Blutes von Anthony Ryan

ISBN 978-3-608-93925-5
Das Lied des Blutes
   Bd. 1 der Rabenschatten-Trilogie
von Anthony Ryan

www.hobbitpresse.de
#lieddesblutes

Meine Zusammenfassung
Der etwa 30jährige Vaelin wird von dem kaiserlichen Gerichtsschreiber Vernier zu einem Ort gebracht, wo der sichere Tod auf ihn zu warten scheint. Unterwegs erzählt er die Geschichte wie er von seinem Vater getrennt und zum Krieger ausgebildet wird. Und wie er - gemeinsam mit seinen neuen Brüdern - nur allzu oft für etwas kämpfen muss, das den Kampf gar nicht wert zu sein scheint.

Meine Rezension
Der Anfang. Das Buch beginnt als dem kaiserlichen Gerichtsschreiber Lord Vernier der Gefangene, unter dem Namen Hoffnungstöter bekannte Lord Vaelin übergeben wird. Er soll ihn zu einem Ort geleiten, an dem der sichere Tod in Form des stärksten Schwertkämpfers des Kaiserreichs auf ihn wartet.

Bereits am Anfang weckt das Buch im Leser eine unglaubliche, anhaltende Neugier in Form vieler unbeantworteter Fragen. Wieso sind die Menschen so freundlich zum Verurteilten? Wieso hat er so viele Freiheiten? Warum ist er so gelassen? Und - nicht zuletzt - Was tat er um dieses Schicksal zu verdienen?

Der Spannungsbogen. Das der Anfang spannend ist, muss ich wohl nicht mehr erwähnen. Er hat einfach alles was nötig ist: Einen interessanten Charakter, eine packende Situation und viele, viele Fragen. 
Während des Mittelteils jedoch glänzte die Geschichte eher durch eine hervorragend ausgearbeitete, lebendig-geschriebene Story mit detailreicher Umgebung, guter Recherche und so manchem humorvollem Spruch auch in eher kritischen Situationen. Die Spannung blieb etwas auf der Strecke.
Das Ende war, wie man schon zu Beginn sehen kann, wieder richtig packend - jedoch leider auch etwas arg kompliziert und wirkt im großen und ganzen eher unfertig. 

Ein weiterer Punkt der sicher auch dazu beigetragen hat, dass die Geschichte nicht langweilig wurde, ist, das zukünftige Ereignisse - wenn überhaupt - nur diskret angedeutet wurden. Obwohl man weiß, wo Vaelins Bericht einen hinführen wird, ist der Weg dorthin keineswegs offensichtlich.

Der Inhalt. Das Geschehen in diesem Buch kann einem ganz schön zu denken geben. Was ist richtig und was falsch? Was kann man mit seinem Gewissen vereinbaren und wie sollte man wann reagieren?
Auch die Vor- und Nachteile die es mit sich bringt an bestimmten Orten aufzuwachsen wurden deutlich und man konnte kurz sogar merken, welchen Aspekten des Lebens man sich damit ganz verschließt. (Spoilerbereich) 
Damit will ich wohl sagen, dass dieses Buch vieles ist, aber keine leichte Lektüre.  

Der Schwerpunkt. Dieser Punkt ist wohl der, der mich am meisten ins Grübeln brachte, und das schon seit ich das Buch anfing. Der Grund ist, dass, obwohl die Geschichte wegen der Frage ,,Was hatte der König vor?" beginnt, eigentlich etwas ganz anderes im Fokus steht. ,,Wie wurde Vaelin zu dem, der er ist?"

Anders als die erste Frage wurde letzteres zwar ausführlich beantwortet, doch wieso Vaelin es ihm erzählte bleibt mir ein Rätsel. Selbstverständlich war es interessant - mehr als bloß lesenswert - doch das wäre es ebenso chronologisch in der Gegenwart und ohne Vernier gewesen. 

Die Personen. Angefangen beim Protagonisten, welcher zu meiner Überraschung nicht der Ich-Erzähler ist, tauchen in diesem Buch sehr viele Charaktere auf. 
Bis auf wenige Ausnahmen lässt das Buch etwas Gefühl vermissen und so zeichnen sich die Personen durch andere Dinge (beispielsweise Fähigkeiten, Status und Eigenarten) aus.
Eines haben sie alle jedoch gemein: Keiner ist überflüssig.

Ein dicker Pluspunkt für die Geschichte ist, dass man - falls man mal vergisst wer wer ist - es einfach hinten im Buch nachlesen kann.

Die Perspektive. Die Story wird in gleich zwei verschiedenen Perspektiven erzählt. Einmal natürlich - zu Beginn eines jeden Buchteils - die Perspektive des Ich-Erzählers, in der Vernier und Vaelin gemeinsam in der Gegenwart sind. 
Die Zweite, ist die Perspektive des allwissenden (aber glücklicherweise kaum spoilernden) Beobachters. Da es während dieser Kapitel so wirkt, als würde Vernier schweigend zuhören, fallen dem Leser die feinen Unterschiede zwischen den Perspektiven fast nicht auf. (Spoilerbereich)

Das Ende. Wie oben bereits geschrieben war der Schluss des Buches zwar total spannend, hatte aber dennoch kleine *Macken*.
Ich fand unter anderem schade, dass das Ende so kompliziert war, dass der Protagonist es erst erklären musste, bevor der Leser alles *sah*. Das das Übernatürliche eher unbestimmt durch die Geschichte streift, fand ich zunächst erfrischend, doch auch dieser Punkt hinterließ zum Schluss Fragezeichen bei mir und die Sache mit dem Erzähl-Grund hatte ich ja schon erwähnt...

Mein Fazit
Eine wirklich schöne Geschichte - mit kleinen Schönheitsfehlern.

SPOILER
Zum Thema Inhalt:
Am besten sieht man die Kontraste zweier Leben wohl bei Vaelins Besuch im 5. Orden. Da treffen ein hartes, gefährliches Leben in einem fest zusammengeschweißten Team auf ein ruhigeres, vergleichsweise gefahrloses Leben, in dem man aber durchaus auch ein Einzelgänger sein kann. 

Zum Thema Perspektive:
Der wohl deutlichste Hinweis darauf, dass nicht Vernier der Beobachter bzw Zuhörer ist, ist dass der Leser während Vaelins Geschichte Dinge erfährt, die Vernier später nicht weiß.

Ein Spoiler des *Allwissenden*
Leider der einzige Punkt - an den ich mich erinnere - der Aufschluss über die kommenden Bücher gibt:
Vaelin erzählt Vernier die Mär vom Hexenbalg und merkt an, dass dieser evtl herausfinden kann, was von der Geschichte wahr ist. Jahre später bedauert Vernier, dass er nicht recherchierte.